Sommermorgen
O Sommermorgen,wie bist du so schön, So schön im Thal und auf den Höhn!
Wenn's Morgenrot aus Osten strahlt Und golden den Saum der dunkelen Wälder ruht;
Wenn Halm' und Blumen in Flur und Au Frisch duften im Kühlen Morgentau;
Wenn durch des Waldes Stille der Quell Vorüber rieselt silberhell;
Wenn durch die Blätter säuselt der Wind Und im Felde die Lerch' ihr Lied beginnt;
Dann muss das Herz in Andacht beben Und auch gen Himmel sein Lied erheben,
August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874)
Die Rose im Garten Die Rosen im Garten blühn zum zweiten Mal. Täglich schießen sie in dicken Bündeln in die Sonne. Aber die schwelgerische Zartheit ist dahin, Mit der ihr erstes Blühen sich im Hof des weiß und roten Sternenfeuers wiegte. Sie springen gieriger, wie aus aufgerissenen Adern strömend, Über das heftig aufgeschwellte Fleisch der Blätter. Ihr wieldes Blühen ist wie Totesröcheln Das der vergehende Sommer in das ungewisse Licht des Herbstes Trägt.
Ernst Stadler (1883-1914)
Der Sommerfaden
Da fliegt, als wir im Felde gehen, Ein Sommerfaden über Land, Ein leicht und licht Gespinst der Feen, Und knüpft von mir zu ihr ein Band. Ich nehm' ihn für ein günstig Zeichen, Ein Zeichen, wie die Lieb' es braucht. O Hoffnungen der Hoffnungsreichen, Aus Duft gewebt, von Luft zerhaucht!
Uhland, Ludwig (1787-1847)
Der Sommerabend Dämmernd liegt der Sommerabend Über Wald und grünen Wiesen; Goldner Mond, m blauen Himmel, Strahlt herunter, duftig labend.
An dem Bache zirpt die Grille, Und es regt sich in dem Wasser, Und der Wandrer hört ein Plätschern Und ein Atmen in der Stille.
Dorten an dem Bach alleine, Badet sich die schöne Elfe; Arm und Nacken, weiß und Lieblich, Schimmern in dem Mondscheine.
Heine,Heinrich (1797-1856)
|